900 Jahr-Feier Ahorn-Buch

am 7. bis 10. Juni 2002


Hier die Sonderseite der Fränkischen Nachrichten über die Feier
(in der Zeitung ist die Gestaltung der Seite auf Grund des Formats natürlich viel schöner):

Rodungsinsel im Ahornwald


Peter Kernwein ließ die Geschichte Buchs Revue passieren

Ursprünge des Dorfes reichen vermutlich sehr weit zurück

 



Buch. Geschichte, für viele eine trockene Angelegenheit, ist nicht nur eine Zusam­mensetzung
aus leblosen Jahreszahlen und nüchternen Fakten, sondern sie war einmal Alltag,
erfüllt mit Krankheiten, Ängsten und Träumen sowie persönlichen Erfah­rungen
vieler Frauen, Männer und Kin­der." Unter diesem Leitgedanken hatte sich
Peter Kernwein auf Spurensuche ge­macht und nahm beim Festakt in Buch die Gäste
mit auf eine Zeitreise, von den An­fängen von bis zum heutigen
Buch. Anschaulich und gut nachvollzieh­bar beleuchtete er einzelne
Zeitpfeiler" und ließ das Leben zu verschiedenen Zei­ten vor dem
geistigen Auge der Zuhörer entstehen. Bei der Beschäftigung mit der Geschichte
eine Dorfes bilden die Jahres­zahlen der großen Weltereignisse nur einen
entfernten Rahmen, der sicher auch Einfluss ausübt, spürbar sind aber eher die
konkreten Lebensbedingungen der Men­schen", meinte Kernwein.

Zunächst ging Kernwein den Fragen nach, wie alt Buch nun wirklich ist, und wie die erste Ansiedelung entstanden sein könnte und wie sie wohl ausgesehen hat.

Wir können auf eine frühere Besiedelung, also vor der ersten urkundlichen Er­wähnung 1102, schließen", war sich der Ortsvorsteher sicher. Als Beweis führte er einige Boden-Urkunden an. Zunächst sprächen die geographischen Gegebenhei­ten für diese These. Wo Menschen bleiben wollten rriussten Wasser, Wald und Wiese vorhanden sein. Alle drei Komponenten seien am Ahornwald seit frühesten Zeiten gegeben gewesen. Erste sichere Zeichen der Besiedelung unseres Ahornwaldes fin­den wir in den Hügelgräbern", erläuterte Kernwein. Sie seien etwa um 500 vor Christus von vorkeltischen Stämmen ange­legt worden. Viereckschanzen bei Gissigheim und Brehmen wiesen auch auf eine intensivere Besiedelung des Raumes hin.

Zudem spielten alte Wege eine große Rolle bei der Ansiedelung zu früheren Zei­ten. Ein solcher bekannter Weg stammt ebenfalls von den Kelten, die hohe Straße", fuhr Kernwein fort. Sie führte von Sach­senflur über Oberschüpf, Kupprichhausen durch den Ahornwald nach Buch und biege am Ortsausgang Richtung Gerichtstetten nach links Richtung Sindolsheim ab. Auch habe es eine Römerstraße gegeben, die vom Limes bei Osterburken über Angeltürn und Uiffingen an Buch vorbei nach Esselbrunn und Tauberbischofsheim geführt habe. Ob und wie viele Leute auf der Gemarkung des heutigen Buch gelebt haben, lässt sich heu­te jedoch nicht mehr rekonstruieren.

Mit den Franken dürfte um 500 nach Christus der Ackerbau in Buch Einzug ge­halten haben, meinte Kernwein. Mit ihnen sei auch der Apfelbaum gekommen, der den Büchern" nicht nur die sauren Früch­te beschert habe, sondern auch den belieb­ten Moscht". Die frühen fränkischen Bau­ern brauchten immer größere Nutzflächen für den Ackerbau. Deshalb begannen sie im siebten Jahrhundert mit umfangreichen Waldrodungen. Wahrscheinlich gab es in dieser Zeit eine größere Ansiedelung auf unserer Gemarkung", vermutete Kernwein.

Diese könne man sich folgendermaßen vorstellen: Der Grundherr ließ durch Rodung einen Herrenhof anlegen, der sich auf etwa die Hälfte der Gemarkungsfläche erstreckte. Weitere Siedler kamen hinzu und unser Dorf, eine Rodungsinsel im Ahornwald war entstanden", so Kernwein. Diese Vermutung liege nahe, da in der spä­tere, schriftlichen Zeit das Dorf meist auf drei Besitzer aufgeteilt war, wovon die Hälfte der Herrenhof ausmachte.

Danach wanderte Kernwein durch die Jahrhunderte, griff einzelne, markante Er­eignisse heraus und gab anhand von Quel­len und Überresten, wie Inschriften, Ein­blicke in kurze Lebensabschnitte und die alltäglichen Gegebenheiten und Lebens­umstände zu verschiedenen Zeiten (wir be­richteten bereits ausführlich). So beschrieb der Arzt Adolf Kußmaul in seinen Jugend­erinnerungen das Leben in Buch zum Ende des 19. Jahrhunderts: In den zwei Jahren, die ich dort zubrachte, sah ich kaum Frem­de als Wallfahrer, die vom Heiligen Blut in Walldürn kamen, und Zigeuner, die ebenso plötzlich erschienen als verschwanden." Weiter skizzierte er den Jahresablauf der Bürger, der ganz von der Landwirtschaft geprägt war.

Abschließend versuchte Kernwein, der schon lange in Buch lebt, aber kein gebürtiger Bücher ist, den Menschenschlag der Ur-Bücher zu charakterisieren: Der Bü­cher ist bereit vieles hinzunehmen, gedul­dig zu ertragen." Dies sei sicherlich ge­schichtlich bedingt durch den häufigen Wechsel der Obrigkeit, der sicherlich keine Vorteile brachte und einfach hingenommen wurde, solange das Selbstbewusstsein nicht angegriffen wurde. Aber alles woll­ten die Bücher doch nicht hinnehmen. Drei Beispiele aus verschiedenen Jahrhunderten belegten dies:

1773 sollten nach dem Willen der Herr­schaft in Wertheim die neu eingebauten Kirchenbänke aus rohem Holz bleiben. Spontane Geldspenden der Bürger und ein Beitrag der politischen Gemeinde hätten dann doch die gewünschte Farbausstat­tung in die Kirche gebracht.

1821 schlössen sich alle Orte der Graf­schaft Wertheim der evangelisch-protes­tantischen Kirche an. Nur Buch, Brehmen und Hohenstadt weigerten sich noch 1825 hartnäckig das Abendmahl anders als nach lutherischen Ritus zu empfangen. Sie blie­ben einfach der Kirche fern. Geld- und Ar­reststrafen wurden daraufhin verhängt.

Im Februar 2002 zogen die Bücher auf die Straße, um für den erhalt ihres Schwimmbades zu demonstrieren. Mit Er­folg. Der Ausgang dieser Geschichte ist ja hinlänglich und auch über die Grenzen des Ortes hinaus bekannt.

hut

 







Festakt zum 900. Geburtstag von Buch

Ein Dorf mit besonderem Charme

Alle Festredner hoben das große Zusammengehörigkeitsgefühl der Bürger hervor

 


Buch. Kleines Dorf, großer Gemeinschafts­geist. So charakterisierte die Prominenz bei den Grußadressen beim Festakt zum 900. Geburtstag von Buch am Freitag im Rathaussaal den Ortsteil von Ahorn. Und damit lagen sie sicherlich richtig. Denn ein Ereignis der jüngsten Vergangenheit doku­mentiert und untermauert diese Feststel­lung: die Sanierung des Schwimmbades Ahorn. In einer beispielhaften Aktion ha­ben die Bürger unter Federführung des Fördervereins durch mehr als 5000 freiwil­ligen Arbeitsstunden „ihr" Freibad auf Vordermann gebracht und so das Fortbe­stehen des letzten „Kommunikationszen­trums des Ortes" gewährleistet. Und somit haben sie sich selbst das schönste Geburts­tagsgeschenk gemacht.

„Im Vergleich zu den 900 Jahren Buch ist das Thronjubiläum der britischen Königin ein vergleichsweise bescheidenes Ereig­nis", meinte Ortschaftsrätin Uta Lauber bei der Begrüßung. Deshalb dürften die Bürger Buchs durchaus Stolz auf ihr Dorf und dessen Geschichte sein. Zahlreiche Völkergruppen seien in der Vergangenheit vorbeigekommen und hätten die Entwick­lung von Buch geprägt. Und was letztendlich dabei herausgekommen sei, könne sich durchaus sehen lassen. „Buch ist ein Dorf mit besonderem Charme", meinte Lauber. „Sowohl Gebürtige als auch Zugezogene fühlen sich hier wohl."

„Es ist ein schönes Zeichen der Heimat­verbundenheit, dass alle Vereine zusam­men diese Geburtstagsfeier ausrichten", stellte Bürgermeister Elmar Haas fest. Doch ein solcher Geburtstag gebe auch Anlass, einen Blick in die wechselvolle Ge­schichte mit Höhen und Tiefen zu werfen. Die Entwicklung Buchs sei nicht nur von den „Großen", den Fürsten und Herr­schern, geprägt worden, sondern auch von den „Kleinen", dem gemeinen Volk. „Die Geschichte von Buch ist in erster Linie auch die Geschichte der Bürger und deren Alltagsleben, das über Jahrhunderte durch die Landwirtschaft und den Glauben ge­prägt worden war", so das Gemeindeober­haupt. Die über die Zeit entstandene große Verbundenheit der Bücher mit ihrem Ort sei heute noch unübersehbar.


Das Gemeindeoberhaupt erwähnte auch den Einfluss der Großgemeinde Ahorn auf die Entwicklung ihres Ortsteils Buch: „1,5 Millionen Euro sind in der jüngsten Ver­gangenheit in die Dorfentwicklung, spe­ziell für das Schwimmbad, die Ortsdurch­fahrt und die Erschließung des Neubaugebietes geflossen." Auch Haas zollte den Bü­chern für ihr Engagement bei der Freibad­sanierung ein dickes Lob.

Bundestagsabgeordnete Brigitte Adler (SPD) erinnerte an die Menschen, die die Geschichte mitgestaltet haben, aber in keinem Geschichtsbuch erwähnt werden. „Der heutige Lebensstandard ist kein Ge­schenk von irgendwem, sondern wurde von unseren Vorfahren hart erarbeitet und er­kämpft", konstatierte Adler. Ihr Verdienst sei es, dass Buch nicht mehr, je nach Belie­ben der Obrigkeit hin- und hergeschoben werde, sondern selbst über sein Schicksal mitbestimmen könne. Beim Schwimmbad sei dies beispielsweise geschehen. Da habe die Dorfgemeinschaft aufbegehrt und Druck von der Basis gemacht und so letzt­endlich zu einem guten Ergebnis maßgeb­lich beigetragen.

Die Verbundenheit des Landkreises mit seinen Kommunen unterstrich Kreiskäm­merer Hermann Kaißling. Der Geburtstag sei auch Ansporn, das Bestehende weiter zu entwickeln. Kaißling appellierte des­halb an die Bürger, die „koummunale Selbstverwaltung mitzugestalten". „Man muss zusammenstehen, wenn man vor­wärts kommen will", meinte Kaißling .

Hohenstadts Ortsvorsteher Peter Sobik verglich die fünf Ahorner Ortsteile mit Ge­schwistern, die sich zwar bisweilen strei­ten, am Ende aber doch zusammenhalten. Und auch er stellte fest: „Mit der Einwei­hung des Schwimmbades haben die Bücher für das Sahnestück selbst gesorgt."

Pfarrer Dr. Rolf Binder stellte seine Grußadressse unter das Motto „Gedenke der vorigen Zeiten". Es sei für jeden Men­schen nützlich darüber nachzudenken, woher er und seine Lebensumstände kommen. So erinnerte er daran, dass Buch offiziell 900 Jahre alt ist, tatsächlich aber die Ge­schichte des Dorfes schon älter sein dürfte. Binder verglich dies mit der Christianisie­rung der Region. Lange bevor Würzburg zum Bischofssitz erhoben worden sei, habe Bonifatius die Region missioniert. „Zuerst kommt das Leben und die Menschen und erst dann die Konstituierung zu einer Ge­meinschaft mit einer festen Hierarchie", so der Pfarrer. Deshalb gehe er auch davon aus, dass Buch bestimmt 1300 Jahre alt sei.

„Als der Pfarrer gerechnet hat, bin ich ins Schwitzen gekommen", meinte Rudi Müller, Bankvorstand der Volksbank Kirnau. Er wollte Buch für jedes Lebensjahr einen Euro, also 900 Euro, überreichen. „Jetzt befürchte ich, dass noch Forderun­gen nach einer Aufbesserung kommen", meinte Müller scherzhaft. Weiter hob er die gute Zusammenarbeit seines Geldinstitu­tes mit den Büchern hervor. „Wir haben uns hier immer wohl gefühlt und sind froh, 100 Jahre lang an der Entwicklung des Dorfes beteiligt gewesen zu sein."

Für die musikalische Umrahmung des Festaktes sorgten der Posaunenchor unter Leitung von Kurt Meyer sowie der Gesang­verein Frohsinn unter Leitung von Viktor Schwarz. Die Anmoderation der Grußworte hatte Josefa Kempf übernommen, ei­nen abschließenden Überblick über das Fest gab Ortschaftsrat Walter Wüst.




Das humoristische Glanzlicht des Abends setzte Herbert Reichert mit seinem Mundartgedicht über das harte Leben ei­nes Knechtes, für den das schönste am Tag das „Bücher Nachtleiten" war. Nicht zu­letzt durch diese Einlage, den musikali­schen Zwischenspielen sowie dem an­schaulichen und gut verständlichen Streif­zug durch die Geschichte von Peter Kern­wein (siehe gesonderten Bericht) kam während des drei Stunden dauernden Fest­aktes keinerlei Langeweile auf. Informati­on und Unterhaltung hielten sich die Waa­ge, so dass viele noch zu einem gemütlichen Schwatz sitzen blieben.

Während die „ältere" Generation den Festakt bei einem gemütlichen Plausch im Rathaussaal ausklingen ließ, drangen schon die ersten Töne vom Jugendheim he­rüber. Dort fand nämlich eine Rocknacht statt, bei der sich die Jugend des Dorfes und der Umgebung traf. Keine Konkur­renz, sondern Ergänzung. Wie es sich bei einem Fest von allen für alle eben gehört. Und zu vorgerückter Stunde traf sich dort sicherlich jung und alt, um gemeinsam zu feiern. Zusammen halt.

hut


 










Brauchtumsschau

Buch ließ alte Zeiten wieder aufleben

Buch. Für viele Kinder dürfte das eine ganz neue Erfahrung gewesen sein. Viele Geräu­sche, die am gestrigen Sonntag aus Scheu­nen, Werkstätten, Ställen und Höfen in Richtung Straße drangen, hatten sie si­cherlich noch nicht gehört. Die Brauch­tumsschau in Buch ließ alte Zeiten wieder aufleben, in denen das Handwerk noch gol­denen Boden hatte. Damals gehörten Schmied, Besenbinder, Töpfer, Seiler, Steinmetz und viele mehr noch zum Orts­bild. Das Dreschen, Mosten, Grünkern dar­ren, Butter machen und Spinnen war je nach Jahreszeit Alltagsarbeit. Zudem gab es Stationen, die das Leben und Arbeiten in Buch in der heutigen Zeit darstellten. Wer mehr Bilder von der Brauchtumsschau se­hen möchte, kann dies im Internet unter der Adresse www.fnweb. de (Bildergale­rie). hut



Spinnstube - wie früher!




Steinmetzarbeiten durch Richard